Chronik

Die Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr Oestheim

125 Jahre Freiwillige Feuerwehr Oestheim, ein stolzes Jubiläum – sicher wert, gebührend gefeiert zu werden. Mehr als Jahreszahlen oder Namen von Menschen lassen uns Ereignisse und Begleitumstände erkennen, dass sich innerhalb dieses Zeitraums in manchen Bereichen riesige Veränderungen vollzogen haben.

Das Gründungsdatum der FFW Oestheim, der 16.12.1888, ist schriftlich festgehalten. Es geht aus dem ältesten erhaltenen Originalprotokoll vom 25. März 1919 hervor. Der Verwaltungsrat hatte damals beschlossen, bei der nächsten Generalversammlung am 01. April 1919 die gebrauchten Zwillichblusen*, die bei der Gründung angeschafft worden waren, gegen Höchstgebot zu versteigern.

Leider fehlen laufende Protokolle für die Zeit zwischen dem Gründungsjahr und 1919, sowie für die Zeit zwischen 1939 und 1954. Es ist sicherlich kein Zufall, dass diese Protokolllücken identisch sind mit den Zeiten der politischen Unruhen und der Weltkriege.

Um die Lücken in der Vereinsgeschichte sachgerecht schließen zu können, mussten die Niederschriften über Gemeinderatssitzungen und Versammlungen sowie Rechnungen, Versicherungsunterlagen und Behördenschriftwechsel gesichtet und auf ihren Bezug zur Feuerwehr hin überprüft werden. Es ist nicht wichtig, jedes Mosaiksteinchen der letzten 125 Jahre im Detail zu kennen, um die Entwicklung der FFW Oestheim parallel zur Zeitgeschichte nacherleben zu können.

Natürlich hatte die FFW Oestheim eine Vorläuferin: Die Orts- bzw. Gemeindefeuerwehr. Zehn Jahre vor dem Gründungsjahr — also 1878 — wurde folgendes bei der Gemeinde notiert: Eine Versicherungsgesellschaft hatte der Gemeinde eine neue Feuerspritze als Geschenk angeboten. Der Oestheimer Gemeinderat nahm dieses großzügige Anerbieten nicht etwa ohne Weiteres an. Man war aber immerhin bereit, die Übernahmebedingungen zu prüfen und eine probeweise Vorführung der Spritze zu erlauben. Dies geschah offensichtlich zur Zufriedenheit der vorsichtigen Ratsmitglieder, denn bei der Inventarübernahme durch die FFW im Jahr 1888 wurde die geschenkte Spritze als “gut brauchbar” eingestuft. Die einzige geforderte Gegenleistung der Gemeinde bestand darin, den Erhalt der Spritze im “Fränkischen Anzeiger” zu Werbezwecken bekannt zu geben.

*Zwillich = Dichtes, strapazierfähiges Gewebe (meist aus Leinen), das besonders für Arbeitskleidung verwendet wird. Der Stoff ist nach seinen zweifachen Fäden benannt

1886 bestand das Inventar der Feuerwehrrequisiten außer der besagten Löschmaschine nur aus 3 Leitern und 3 Feuerhaken. 1887 hatte man den Kauf einer neuen Löschmaschine beschlossen und wollte sie ursprünglich in Raten zahlen. Doch bei einer Gemeindeversammlung im Hassold’schen Gasthaus am 30.11.1887 beschloss man, lieber bei der örtlichen Darlehenskasse die 1.200 Mark aufzunehmen und in 6 Jahren zu tilgen. Wichtige Beschlüsse wurden damals nicht vom Gemeinderat, sondern von der Gemeindeversammlung entschieden. Eine Namensliste, die im Protokollbuch niedergeschrieben ist, ergab, dass die 40 erschienenen Bürger über 78 der für die Gemeinde errechneten 122 Stimmen verfügten. Je nach Steuerkraft, oder einfacher gesagt je nach Hof-größe hatten die Gemeindebürger bei solchen Versammlungen ein bis drei Stimmrechte.

Ebenfalls noch vor der Gründung der Freiwilligen Feuerwehr wurden die Aufgaben der Feuerreiter und Feuerläufer neu festgelegt. So hatte bei einem Brand innerhalb der Gemeinde je ein Landwirt nach Diebach, Insingen, Gailnau und Schillingsfürst zu reiten, um Hilfe zu holen. Nach Bellershausen und Walkersdorf wurden Feuerläufer entsandt. Auch die Bespannung des Spritzenwagens, des Wagens mit den Leitern und des Mannschaftswagens waren genau geordnet. Die Häuser der eingeteilten Bauern trugen Tafeln mit der Aufschrift “Feuermeldedienst”, “Spritzenfahrdienst” usw.

Bei der Übernahme durch die Freiwillige Feuerwehr war folgendes Inventar registriert:

eine alte, aber noch brauchbare Stossspritze

eine zweirädrige Löschmaschine von 1878

eine vierrädrige Saug- und Druckspritze von 1887

eine längere und vier kürzere Steigleitern

eine freistehende Leiter mit Stützen

drei Feuerhaken und 110 Meter Schläuche

Übernommen wurden diese Ausrüstungsgegenstände von den Männern der ersten Stunde, den Gründervätern.

Vorstand und zugleich Kommandant: Friedrich Geymann

1. Adjudant: Ludwig Kellermann

2. Adjudant und Führer des zweiten Spritzenzuges: Wilhelm Stecher

Führer des ersten Spritzenzuges: Friedrich Zanzinger

Die Feuerwehrkameraden waren damals wie heute sehr engagierte Männer, die sich bemühten, den Feuerschutz in der Gemeinde stets weiter zu entwickeln. Auch mit staatlichen Zuschüssen hatten sie schon Erfahrungen gemacht. Aus einem diesbezüglichen Originalbrief über eine Zuschusszusage sei zitiert: “Seine königliche Hoheit Prinz Luitpold des Königreiches Bayern Verweser haben sich inhaltlich höchster Entschließung des königlichen Staatsministeriums des Innern allergnädigst bewogen gefunden, aus dem Allerhöchst unmittelbaren Verfügung vorbehaltenen Gemeindeteile der NN Versicherungsgesellschaft, die nachbezeichnete Unterstützung zu gewähren: 100 Mark zur Anschaffung von Schläuchen, einem Haspelwagen und zum Bau von Stauvorrichtungen.”

Ein bisschen viel Text für ganze 100 Mark, so scheint es uns heute. Doch eine recht umfangreiche Rechnung einer Regensburger Hanfschlauchweberei aus diesem Jahr summiert nur 50 Mark. Für eine Stauvorrichtung am Bach wurden die Steine mit 12 Mark, der Zement mit 4,20 Mark und die Maurerarbeiten mit 53,73 Mark in Rechnung gestellt.

1907 stellte man erstmals einen Antrag auf Einrichtung einer öffentlichen Fernsprechstelle. Aber noch in den 1920iger Jahren existierten die Feuerreiter und -läufer. 1909 kaufte die Gemeinde aus Kostengründen Stoff für 42 neue Feuerwehrmonturen und ließ diese beim örtlichen Schneider nach Maß anfertigen. Interessant aus dieser Rechnung ist der Rückschluss auf die damalige Mannschaftsstärke.

Im Jahr 1916 sah man sich ganz anderen Problemen gegenüber gestellt: Kriegsanleihen, Messing- und Kupferenteignung, Kartoffelenteignung, gesetzliches Verbot, einen Leichentrunk zu halten, um keine Lebensmittel zu vergeuden usw.

Mit dem ersten Nachkriegsjahr begann dann eine Zeit lückenloser Protokollführung, wobei sich die meisten Einträge auf Rechnungsprüfungen beziehen. Wahlen wurden turnusgemäß durchgeführt und kleinere Brandfälle wurden erwähnt.

Eine neue Zeit kündigte sich durch rasch wachsende Zahlen an. Zeugwart Hörber – bisher mit jährlich 20 Mark entlohnt – bekam nun 200 Mark. Wenig später wurden 10 Feuerlöscher zum Stückpreis von 59.650 Mark bestellt. Als die Firma nach einer Woche mitteilte, der Preis habe sich zwischenzeitlich geringfügig um 1.000 Mark je Stück erhöht, nahm man das in Oestheim gelassen zur Kenntnis. Die Inflation galoppierte immer schneller, z. B. wurden Lehrer Kübler für dreieinhalb Ster Brennholz 40.000 Mark angerechnet und die Armenkasse zahlte der Gemeinde lächerliche 10 Milliarden Mark Zuschuss.

1924 waren die Zahlen wieder überschaubarer geworden, aber 1925 musste die Anschaffung von zwei Signalhörnern wegen Geldmangel unterbleiben. Der schon in der Vergangenheit mehrfach verschobene Bau von zwei Wasserbassins in den Ortsteilen war nur durch viel Eigenleistung möglich. Die Geldknappheit hielt an und so wurde bei mehreren Gemeindevisitationen immer wieder das schadhafte Dach des Spritzenhauses bemängelt. Auch seien die Bretterwände so rissig, dass alle Geräte dick eingestaubt seien.

1935 wurde eine Feuerschutzabgabe eingeführt. Sie betrug pro Jahr und Tagwerk Feld 2 Pfennige und für jedes Gebäude 30 Pfennige. Vom Jahr 1936 an wurde kräftig in die Feuerwehr investiert. Ursache dafür war aber nicht die Feuerschutzabgabe, sondern der ständig wiederkehrende amtliche Hinweis auf bevorstehende Zeiten der Gefahr und den notwendigen Luftschutz. Deshalb wurden 120 Meter neue Schläuche bestellt. Ebenfalls aufgrund amtlicher Anordnung wurde eine Altersmannschaft aufgestellt, um im Kriegsfalle den Feuerschutz zu gewährleisten.

Ab 1937 hieß die gute alte Generalversammlung dann Generalappell. Es wurde keine lebhafte Aussprache mehr durchgeführt, sondern der Kommandant gab die neuesten Befehle bekannt und in einer Feuerwehrversammlung sprach ein Parteigenosse über Rassenpolitik. Laut Protokoll schloss die Versammlung mit einem dreifachen “Sieg Heil”. Der letzte Eintrag dieser Art datiert vom 20. Januar 1939.

Hier tut sich auch im gemeindlichen Archiv eine Lücke auf. In vielen Gemeinden wurden wohl nach Kriegsende Unterlagen aus dieser Zeit vernichtet. Die Dokumente und amtlichen Schreiben mit dem damaligen Emblem im Stempel weckten ungute Erinnerungen.


In keinem Protokoll vermerkt, aber von Zeitzeugen berichtet, ist der Einsatz beim
großen Stadtbrand in Rothenburg. Amerikanische Flugzeuge hatten am Ostersamstag 1945 die Stadt bombardiert und gut 40% der Altstadt zerstört. Feuerwehren, die bis von Zirndorf kamen, waren im Einsatz, um Herr über den Großbrand zu werden.

Gleich nach Kriegsende begann Kommandant Fritz Kammleiter noch einmal, die FFW Oestheim neu zu organisieren, um dann nach 22 Jahren das Kommando an Hans Stecher zu übergeben. Sofort bemühte man sich um eine Motorspritze aus Heeresbeständen. Doch konnte man erst 1949 — also nach der Währungsreform — eine neue Spritze erwerben. Auch die längst notwendige Instandsetzung des Löschwasserbassins hatte solange zurückgestellt werden müssen.

1954 wird eine neue Satzung angenommen und damit die rechtliche Wiedergründung der FFW Oestheim vollzogen. Landrat Dr. Wagner ist bei dieser Versammlung anwesend und überreicht Ehrenzeichen, darunter Gold für 50 Jahre Dienst an Georg Uhl.

1958 übernimmt Fritz Stöckert das Kommando. In den Folgejahren werden eine neue Spritze, Schläuche und neue Uniformen beschafft. Zug um Zug werden jüngere Feuerwehrkameraden eingegliedert und schon bald beginnen die Übungen zur Erlangung von Leistungsabzeichen.

Aber auch Ernstfälle fordern immer wieder die Einsatzbereitschaft der Wehr und ihrer technischen Ausrüstung. Das Großfeuer am 21. August 1956 in Faulenberg ist bei einigen noch in Erinnerung. Viele wissen noch um die Brandwachen in Gutenhard und Steinberg 1970 und erinnern sich an die Brände der Anwesen Herrmann 1975 und Belzner 1986 in Oestheim. Hier vermerkt das Protokoll, dass sich die neue Sirene bewährt habe. Die erwähnte neue Sirene befindet sich auf dem neuen Gerätehaus, das im August 1982 eingeweiht werden konnte.

1978 wird der allzu frühe Tod des jungen Kommandanten Emil Gerlinger tief betrauert. Seine Arbeit setzen dann Gerhard Leidenberger und dessen Stellvertreter Werner Stöckert fort. Unter deren Führung kann dann 1988 das 100-jährige Bestehen der Wehr mit einem 4-tägigen Fest und einem Festumzug mit 60 Gastvereinen gefeiert werden. Erstmals werden während des Festes mit den ehemaligen Kommandanten Hans Stecher und Fritz Stöckert zwei Wehrmänner zu Ehrenmitgliedern ernannt.

In den Jahresprotokollen der Wehr seit 1988 fällt vor allem die Vielzahl kleinerer Einsätze auf. So rückt die Wehr im eigenen Ort allein 16 mal zu Kleinbränden aus, mehrmals zur Beseitigung von Orkanschäden, zu Hochwassereinsätzen, zur Suche vermisster Personen und zur Absicherung bei Verkehrsunfällen. Außerdem leistet die Wehr im Berichtszeitraum bei acht Großeinsätzen in umliegenden Gemeinden Hilfe.

1990 gibt es nach 12 Jahren Amtszeit des Kommandanten Gerhard Leidenberger einen Wechsel in der Führung. Erich Uhl übernimmt als 1. Kommandant die Führung der Wehr, weiterhin unterstützt von Werner Stöckert. Mit regelmäßigen Einsatzübungen verbessert die Wehr in den Folgejahren den Ausbildungsstand. Nahezu alle Aktiven legen im Verlauf der Jahre Leistungsprüfungen bis zur höchsten Stufe ab. Mit Jugendleistungsspangen und Wissenstests fördert man die Ausbildung des Feuerwehrnachwuchses bis heute. Zweimal — in den Jahren 2004 und 2006 — belegte eine Jugendgruppe der FFW Oestheim auf Landkreisebene bisher den ersten Platz der Gesamtwertung bei der Jugendleistungsspange.

1995 tritt die Feuerwehr dem neugegründeten Kreisfeuerwehrverband bei. Mit der Wahl von Marcus Rohn zum stellvertretenden Kommandanten wird im Folgejahr die phasenweise Übernahme der Führungsverantwortung durch jüngere Kameraden eingeläutet.

Bei einer Übung 1997 zeigte sich, dass die Tragkraftspritze TS 8 in die Jahre gekommen war. Die Gemeinde ersetzte das Gerät wenig später. Ein Novum in der Geschichte der Wehr war die Silvesternacht 1999/2000. Die Feuerwehren waren angehalten, Sicherheitswachen zu stellen, da man befürchtete, die modernen computergesteuerten Anlagen könnten den Wechsel nicht verkraften und die Wehren müssten helfend eingreifen.

Der Generationenwechsel, der sich Jahre zuvor andeutete, vollzog sich dann bei der Wahl 2008. Nach 18 Jahren Amtszeit von Erich Uhl rückte Marcus Rohn als 1. Kommandant an die Spitze, unterstützt von seinem Stellvertreter Matthias Wildermann.

Mit jährlich wiederkehrenden Veranstaltungen mischt die FFW Oestheim auch im geselligen Leben der Gemeinde kräftig mit und hilft in der Gemeinde bei für Feuerwehren eher untypischen Arbeiten.

Das Jubiläumsfest gibt auch Anlass, an den Tod langjähriger Kameraden zu gedenken. Stellvertretend für die in den vergangenen 25 Jahren verstorbenen Kameraden erinnern wir uns an die ehemaligen Kommandanten Hans Stecher, Fritz Stöckert und Adolf Bender.

Wenn die Freiwillige Feuerwehr Oestheim in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen feiert, ist das auch Ausdruck des immer wieder bewiesenen Gemeinschaftssinns. Denn noch immer gilt der alte Leitspruch: ”Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr”

Zitiert aus dem Vortrag von Herbert Hörndler zum 100-jährigen Jubiläum 1988 mit Textnachtrag von Werner Stöckert.